Schulung des Denkvermögens
und ToonTalk
ToonTalk ist eine phantasievolle
und spielerische Umgebung für Kinder (aller Altersklassen), um eine
Vielzahl von Fertigkeiten des Denkvermögens zu schulen:
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Probleme zerlegen. Sobald
Kinder versuchen etwas Komplizierteres als ein einfaches ToonTalk Programm
zu bauen, sind sie mit der Aufgabe konfrontiert, das Problem in kleinere
"Roboter-große" (handhabbare) Teile aufzuspalten. Wenn das richtig
gemacht wird, dann ist es einfach, jedes Teil einzeln zu bauen oder zu
programmieren. Das ist eine sehr generelle Fertigkeit, die in allen Gebieten
der allgemeinen Wissenschaften, Ingenieurswissenschaften und auch der Kunst
Anwendung findet. Zur Lösung großer Probleme gibt es immer ein
hierarchisches Vorgehen, wobei Probleme in Teilprobleme und diese wiederum
in Teilprobleme zerlegt werden.
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Komponenten Zusammenfügen.
Dies ist die zweite oder auch duale Aktivität zum Zerlegen von Problemen
in Teilprobleme. Wenn man Teile hat, die für sich alleine arbeiten
heißt das noch lange nicht, daß es einfach ist sie zusammenzufügen.
Normalerweise müßen die Beziehungen zwischen den Einzelteilen
oder Komponenten betrachtet werden. Komponenten können oft auf unterschiedliche
Arten zusammengefügt werden. Auch das ist eine prinzipielle Vorgehensweise
beim Entwurf und Lösen von Problemen. Unerwartete Schwierigkeiten
führen oft dazu, daß die Zerlegung des Problems oft noch einmal
überdacht werden muß. Viele sind der Meinung, daß dies
ein Spezialfall der generelleren Suche nach Fehlern ("debugging") ist.
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Explizite Repräsentation.
Ein Programm, das etwas modelliert wie zum Beispiel einen springenden Ball,
eine Entenfamilie, Stadtverkehr oder Beispiele aus der Umwelt, benötigt
Datenstrukturen. Für einen Ball muß ein Kind zum Beispiel eine
Struktur erzeugen, die Position, Geschwindigkeit und Flugrichtung des Balls
speichert. Für eine Ente ist das zum Beispiel der Grad des Hungers,
Energie und die Repräsentation des Zustands verschiedener Sensoren.
Von der Fähigkeit gute Repräsentationen bzw. Abstraktionen zu
entwerfen, hängt der Erfolg von guten Entwürfen in der Konstruktion
und anderer Wissenschaften ab.
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Abstraktion. Dieser Punkt
hängt eng mit "expliziter Repräsentation" zusammen. Software
kann sehr spezifisch oder sehr allgemein sein. Als Beispiel betrachte man
das ToonTalk Beispielprogramm, das zwei Zahlen vertauscht, falls die erste
Zahl größer als die zweite ist. In einem ersten Kontruktionsschritt
arbeitet das Programm nur mit dem Wert 2 als erster und 1 als zweiter Zahl.
Von dem Beispiel wird dann abstrahiert und auf beliebige Zahlen, bei denen
die erste größer als die zweite ist, übertragen. In einem
weiteren Abstraktionsschritt könnte das Programm auch auf Text und
Zahlen übertragen werden. Wenn dann ein Wort bezüglich der alphabetischen
Ordnung größer als das andere ist, vertauscht der Roboter die
Wörter. Die Fähigkeit zum Abstrahieren, falls benötigt,
stellt eine wichtige Fertigkeit beim Lösen von Problemen dar. ToonTalk
unterstützt, daß Kinder konkrete Beispiele ausarbeiten und dann
die Ergebnisse abstrahieren.
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Über das Denken nachdenken.
Seymour Papert schrieb viel darüber wie geeignete Programmierumgebungen
das Denken von Kindern explizit unterstützen können, um Probleme
zu lösen (siehe hierzu auch sein Buch "Mindstorms, and Chidren's Machine").
Wenn zum Beispiel Kinder versuchen, ein Programm zu entwerfen, um Tic-Tac-Toe
zu spielen, kommen sie irgendwann zu dem Problem wie man entscheidet welcher
Zug gemacht werden soll. Sie müssen hier explizit über die Entscheidung
nachdenken, bevor sie den Computer programmieren den Zug durchzuführen.
Papert behauptet, daß man nur ein besserer Schüler, Konstrukteur
und Problemlöser werden kann, wenn man explizit die eigenen Lernprozesse
reflektieren kann. Das ist viel einfacher, wenn ein Model des strukturierten
Denkens vorliegt, so wie es hier vorgestellt wird.
Die Gründe, die für
ToonTalk sprechen, sind nicht, daß ToonTalk oder ganz allgemein das
Programmieren von Computern die einzigen Formen darstellen, um diese Art
des strukturierten Denkens zu erlernen (die Erfinder von Logo
beanspruchen zum Beispiel ähliches für sich), vielmehr stellt
ToonTalk eine umfangreiche Umgebung zur Verfügung, in der diese Art
des Denkens in natürlichem Umfeld "geübt" werden kann. In ToonTalk
müssen auch weniger Hürden überwunden werden (wie z.B. beim
Erlernen der Syntax einer Programmiersprache oder das Spielen eines Musikinstruments),
bevor man produktiv werden kann und lernt. Schließlich ist ToonTalk
eine Umgebung, die Spaß macht, ansprechend ist und Kinder besser
motiviert als andere Programmiersprachen.
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wm 19/6/99